Berichte
 

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Im die Arbeit.

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Außer 2 kleinen Lebensmittelläden, einer traurigen Bar, der Einzimmer-Post, einer überlasteten Krankenschwester und dem bis auf ein kleines Zimmer unbeheizbaren Club, einer Bibliothek mit feuchten Wänden und modrigen Büchern gibt es keine Infrastruktur.

Nur wenige Dorfbewohner haben die Möglichkeit, in die Kreisstadt zu fahren.

Viele der aktiveren Familien ziehen nach Deutschland oder anderswohin, die intelligenteren Kinder besuchen Schulen in der Stadt, bleiben dort und holen teilweise ihre Familien nach. Zurück bleiben die Alten, Schwachen, Kranken und die Alkoholiker.

Ich glaube fest daran, daß die Leute in „meinen Dörfern“ durch die regelmäßigen Besuche nicht nur materielle Hilfe bekommen, sondern ihre Hoffnung bestärkt wird und das Gefühl, einen Besuch  wert zu sein und Gastfreundschaft schenken zu können.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Außer 2 kleinen Lebensmittelläden, einer traurigen Bar, der Einzimmer-Post, einer überlasteten Krankenschwester und dem bis auf ein kleines Zimmer unbeheizbaren Club, einer Bibliothek mit feuchten Wänden und modrigen Büchern gibt es keine Infrastruktur.

Nur wenige Dorfbewohner haben die Möglichkeit, in die Kreisstadt zu fahren.

Viele der aktiveren Familien ziehen nach Deutschland oder anderswohin, die intelligenteren Kinder besuchen Schulen in der Stadt, bleiben dort und holen teilweise ihre Familien nach. Zurück bleiben die Alten, Schwachen, Kranken und die Alkoholiker.

Ich glaube fest daran, daß die Leute in „meinen Dörfern“ durch die regelmäßigen Besuche nicht nur materielle Hilfe bekommen, sondern ihre Hoffnung bestärkt wird und das Gefühl, einen Besuch  wert zu sein und Gastfreundschaft schenken zu können.

 

Arbeitsurlaub“ in Parnehnen im Sommer 2005

 

Im Juni 2005 verlebten mit mir zusammen in der Wohnung neben der Kirche zwei Gäste einen 10tägigen Arbeitsurlaub. Das Ehepaar Ruth (Diakonin in Hoyerhagen) und Alfred Litzen aus Hoyerhagen hatte beschlossen, sich selbst einen Eindruck vom Leben der Menschen dort zu verschaffen und ein wenig „Kirche in Rußland“ zu erleben.

Vor der Abfahrt wurden beide Fahrzeuge mit Bekleidung und anderen Geschenken für Freunde in Polen und Rußland voll geladen. Die Fahrt verlief mit einer Übernachtung im Wohnmobil problemlos; und obwohl wir vor der Russischen Grenze einen großen Teil des Gepäcks ausgeladen hatten, tauchte nun wieder die bange Frage auf: „Was sagt der Russische Zoll?“ Um es kurz zu machen: es lief besser denn je. Dann mußten Litzens noch die dramatische Nachtfahrt über Schlaglochstraßen bewältigen, bevor wir gegen Mitternacht unser Ziel erreichten.

Gleich am nächsten Tag begann ein anstrengendes Programm: wir besuchten Nachbarn und Bekannte in der Umgebung, auch eine Gruppe deutscher Christen. Vor Generationen aus dem Schwarzwald nach Rußland geflohen, in verschiedenen Teilen Rußlands hin und hergeschoben, ist die Familie vor  vier Jahren aus Kasachstan zugewandert. Harri und Olga arbeiten schwer, leben sehr einfach und unterhielten sich mit uns in herrlich ursprünglich schwäbischem Dialekt. Wie schon früher erlebten wir hier wieder selbstverständliche Gastfreundschaft. Aber das Fachgespräch zwischen den beiden Theologen (Ruth und Harri) war schwierig;  Harri, der Gastgeber und Geistliche der Gruppe, konnte uns „das Leben nach der Bibel“ in der kurzen Zeit nicht ausreichend verständlich machen.

 In der nächsten Zeit lernten die Erzieher und Kinder des Kinderheims und ich von Ruth Litzen die Technik des Trockenfilzens; auch Kinder und Jugendliche aus der Nachbarschaft  kamen mehrmals, um das Filzen zu lernen oder mit Alfred Litzen zu weben.

Natürlich besuchten wir einige Gesund-heitsstationen, die Bibliothek und das Jugendzentrum, das gerade wegen Geldmangels der Administration und der daraus resultierenden Stromsperre nicht arbeiten konnte. Eine Finanzspritze von ca. 16 Euro behob das Problem.

Alfred Litzen kraxelte mehrere Stunden auf und unterhalb des Friedhofes herum und fotografierte alte deutsche Grabsteine. Diese Fotos sollen der Kreisgemeinschaft Wehlau zur Verfügung gestellt werden.

In der Kreisstadt Gwardejsk (früher Tapiau) bewunderten wir die orthodoxe Marktkirche und ihre helle, einfache, sehr ansprechende Innenausstattung. In der Kirche gibt es keine Bänke, der oft Stunden währende Gottesdienst wird auch von alten Mütterchen im Stehen bewältigt.

In einem neuen Selbstbedienungsladen am Markt in Tapiau kauften wir allerlei leckere Sachen so billig ein, daß Ruth Litzen immer wieder fassungslos die volle Tüte ansah und dabei kopfschüttelnd etwas wie „4,70 Euro“ murmelte. Allerdings sind das etwa 140 Rubel,- manche Rentner haben monatlich 800 Rubel zur Verfügung und viele Menschen noch weniger.

Im Dorf Parnehnen besuchten wir gemeinsam unseren Freund Wolodja. (im Mai dieses Jahres berichtete ich über seine Krebserkrankung) Es geht ihm relativ gut, und er arbeitet mit einer Lunge wieder in seiner kleinen Landwirtschaft.

Auch Paschas Eltern sahen wir mehrmals, Pascha ist wieder im Militärkrankenhaus.

Auf unsere Bitte hin bekamen wir den Schlüssel zur benachbarten Kirche in Olchowka. Der Besitzer, mein Nachbar Andrej, ist Landwirt und hat natürlich mit seinen inzwischen 700 Schafen, den Milchkühen und Ackerland wenig Zeit (und auch nicht viel Geld) für die Renovierung der Kirche, hat aber in letzter Zeit die verrottete Treppe zur Empore repariert und mit Aufräumungsarbeiten begonnen. So konnten wir alles von oben betrachten, und Ruth Litzen war ganz begeistert von dem noch gut erhaltenen Tonnengewölbe (neidisch? Nein!).

Bei der Reinigung der Wände hatte Andrej einen verblaßten Wandfries entdeckt und die Arbeit eingestellt, um die Reste der alten Deutschen Bemalung nicht zu zerstören. Und während wir also dicht unter dem Kirchendach standen und den Fries betrachteten, erkannte Ruth Litzen in den wiederkehrenden blau-grünen Mustern einen Fisch: das geheime Erkennungszeichen der ersten Christengemeinden.

 

Zu Ende des Aufenthalts in Parnehnen beteiligte sich Alfred Litzen gemeinsam mit Paschas Eltern an der Verteilung des allmonatlichen Lebensmittelpakets an 19 Familien und alleinstehende Kinder. 18 „Visiten“ hat er gut verkraftet, die letzte hat ihn jedoch sehr betroffen gemacht, als in einem völlig verwahrlosten Haus mehrere kleine Kinder allein angetroffen wurden. Ihre Mutter sei fortgegangen zum Beten, erklärten die Kinder. (Im Oktober gab es für diese Situation eine Erklärung, die mich -und besonders Alfred - nachträglich beruhigte.)

Der Höhepunkt unseres Aufenthalts war wohl für uns alle der Besuch im Kloster Isobilnoe.

Dieser Ort liegt in der Nähe der ehemaligen deutschen Orte Powangen , Groß Steindorf; und dort steht immer noch an einem großen See ein altes deutsches, wunderschön renoviertes Gut. In diesem Gutshaus leben drei orthodoxe Nonnen und 10 Frauen, die dort Zuflucht gesucht haben oder in den Orden eintreten möchten. Ich hatte begeisterte Berichte gehört, z.B. daß dort im letzten Januar annähernd 6000 Gläubige die Taufe Christi gegen Mitternacht durch dreimaliges Untertauchen im See gefeiert haben. Entsprechend erwartungsvoll machten wir uns am Sonntag auf den Weg, um an einer Messe im Kloster teilzunehmen. Wir fuhren spät, um nicht solange stehen zu müssen (s.o.) Zwar wußten wir´s schon, die Frauen müssen im Haus immer eine Kopfbedeckung tragen, aber vor dem Haus wurden wir noch einmal daran erinnert, und so schlug sich Frau Litzen ihren riesengroßen Seidenschal um den Kopf, und ich streifte mir die Kapuze meines Pullis über. Die Männer dürfen keinen Hut, auch kein Kopftuch tragen, so war Herr Litzen gut gewappnet, als wir ehrfurchtsvoll die riesige Tür öffneten, hinter der gerade die letzten Töne der Liturgie verklangen. Schnell schlichen wir zwischen die anderen Gäste, erlebten noch das allgemeine Bekreuzigen und Verbeugen und die Auflösung der Versammlung. Viele bekopftuchte Frauen und einige unbehütete Männer nickten uns freundlich zu, wir wurden sehr nachdrücklich zum gemeinsamen Mittagessen eingeladen und nahmen etwas schuldbewußt an einem der großen Tische Platz. Es gab Kartoffelbrei, Pilze in viel Soße, Weißkohlsalat, selbst hergestellte Sahne und frisch aufgetaute Blaubeeren, alles selbst gezogen, gemolken, gesammelt.

 Die anschließende Besichtigung des großen Sees und des auch großen Heilkräuter- und Gemüsegartens begeisterte uns. Dort führte eine Biologie-Professorin aus Kaliningrad Regie, sie erklärte uns einige der uns unbekannten Pflanzen und verschwand mit einem Trupp anderer Frauen, die an Wochenenden aus der Umgebung kommen, um bei der Arbeit zu helfen.  Auf dem Weg zum Kapellen-Neubau bot uns einer der Männer seine Gesellschaft und Führung an. Er tischlert (natürlich ohne finanziellen Lohn) seit Monaten Treppen, Türen und anderes Holz-Inventar der Kapelle, die aus Spendenmitteln zur Ehre Gottes erbaut wurde und im August eingeweiht werden soll. Hier waren wir drei Besucher gleichermaßen überwältigt vom Kirchenbau, der Umgebung, der ganzen Stimmung im Klosterbereich und der freundlichen, bescheidenen Art der Schwestern. Besonders die Ausstrahlung der Oberin beeindruckte uns;  wir erfuhren, daß sie früher als Opernsängerin in Kaliningrad gewirkt hat und daher viele Bekannte, Gönner und Sponsoren als Helfer beim Bau der Kapelle gewinnen konnte. Die Atmosphäre des Kloster nahm uns so gefangen, daß wir den Besuch der großen Kirche in Friedland ausfallen ließen, um ein 2. Mal hierher zu fahren. Bei diesem Besuch ließ ich meine Füße im See baumeln und gesund werden; im Gespräch mit der Oberin, gedolmetscht über eine englischsprechende Besucherin, erfuhren wir, daß mein Angebot, eine Nähmaschine zu bringen, große Freude auslösen würde, da das Kloster keine hat. So hatte ich einen Anlaß, nach der Abfahrt des Ehepaares Litzen ein drittes Mal mit einer Fuhre Geschenke nach Isobilnoe zu fahren. 

 

 

Nun hieß es für Litzens, Abschied zu nehmen. Aus Angst, die komplizierte Strecke zu dem von mir favorisierten Grenzübergang Bagrationowsk zu verfehlen, entschlossen sie sich, den geraden Weg über Mamonowo zu fahren. Das erwies sich als böser Fehler: am nächsten Tag erhielt ich einen Anruf in Olchowka, Ruth und Alfred Litzen waren aus der Auto-Kolonne gewunken und  vor die Wahl gestellt worden, entweder 90 Euro zu bezahlen oder drei Tage in der Schlange warten zu müssen. Sie haben bezahlt, - nach Verhandlungen auf russische Art - 60 Euro.

Ich verbrachte noch 2 arbeitsreiche Wochen in Parnehnen, Olchowka, Gwardejsk und Bolschoi Gorki. Es galt, Listen zusammenzustellen von Schulkindern, die Schulmaterial für das nächste Schuljahr brauchen, zu beraten, wer und wie Fenster für die Wohnung einer verwitweten Mutter mit Kleinkind beschafft und bezahlt (na wer wohl?), wie die Renovierung von Wohnungen bei 2 kinderreichen Familien zu bewältigen und zu finanzieren sind, wie eine Familie in Form einer Familienpflege betreut werden kann und welches Material für die von uns eingerichtete Vorschulklasse beschafft wird oder noch im Fundus vorhanden ist. Ich war Gast bei der Feier zur Entlassung der Schüler der 9. Klasse, die ich seit der Einschulung immer mal wieder besucht hatte, verteilte Spiel- und Lernmaterial sowie Bekleidung und Bettwäsche und besuchte drei meiner ehemaligen „Kinder“ und ihre Babys.  Viel Arbeit und Freude bereiteten Vorbereitung und Durchführung des 2. Fußballturniers mit drei Mannschaften aus benachbarten Dörfern. Kommandier Wanja und ich zauberten Siegerurkunden und verteilten Preise nach drei aufregenden, aber sehr fairen Spielen. Ausgelöst wurden diese, insgesamt zahlreichen Aktivitäten durch Spenden von Fußballtrikots aus vielen Orten im Kreis Nienburg und auch aus Bassum. Längst bin auch ich wieder zuhause und packe schon wieder für die nächste Fahrt, ich fahre im September natürlich wieder über Bagrationowsk, denn als unser Bundeskanzler und viele andere Deutsche unterwegs waren zur Jubiläumsfeier von Königsberg, das heute Kaliningrad ist, fuhr ich in die andere Richtung unbehelligt in 30 Minuten durch beide Grenzen.

 

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, allen zu danken, die das Projekt „Parnehnen-Hilfe mit 3 Gs (Geschenken, Geld, Gebeten) durch´s Mitfahren, Packen, Tragen und auf andere Weise unterstützen:

                     Danke